Das andere Wörterbuch. 100 Wörter – 100 Menschen – 100 Beiträge
„Vielfalt: Das andere Wörterbuch“ bietet eine spannende und gleichzeitig aufschlussreiche Erkundung der Diversitätssprache, die unsere moderne Gesellschaft prägt. Das Buch, erschienen im renommierten Dudenverlag, präsentiert 100 Begriffe, die die Debatte um Inklusion und Vielfalt dominieren, und wird von 100 verschiedenen Autorinnen geschrieben – jeder von ihnen eine Expertin oder eine Person, die einen direkten Bezug zum Thema hat, sei es durch persönliche Erfahrung oder berufliches Engagement. Der Band liefert eine umfassende, aber zugängliche Erklärung zu Begriffen wie „Ableismus“, „queer“, „TERF“, „nicht binär“ und „Zionismus“, die zunehmend in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen auftauchen, aber nicht immer korrekt verstanden werden.
Was dieses Werk besonders wertvoll macht, ist die Vielfalt der Perspektiven, die es bietet. Unter den Autorinnen finden sich Menschen aus unterschiedlichsten gesellschaftlichen Hintergründen und Berufen: Aktivistinnen, Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen und viele mehr. Sie bringen nicht nur Fachwissen, sondern auch persönliche Einblicke in die Thematik ein. So erklärt beispielsweise die Speakerin und Sensitivity Readerin Anna Mendel den Begriff „Bodyneutrality“, während die trans Aktivistin Ash über die Abkürzung „FLINTA“ schreibt, die für Frauen, Lesben, inter-, nicht-binäre, trans- und agender Personen steht.
Dieses Wörterbuch hat nicht nur den Anspruch, Fachleuten aus dem Bereich der Diversitätsthematik ein hilfreiches Nachschlagewerk zu sein, sondern möchte auch Laien die Möglichkeit geben, sich tiefergehend mit wichtigen Begriffen auseinanderzusetzen, die den gesellschaftlichen Diskurs zunehmend prägen. Besonders in Zeiten, in denen oft von „Genderverboten“ oder einem vermeintlichen „Woke-Wahnsinn“ die Rede ist, trägt das Buch zur Aufklärung bei und erklärt, warum bestimmte Begriffe für marginalisierte Gruppen eine zentrale Bedeutung haben.
Viele der in „Vielfalt: Das andere Wörterbuch“ behandelten Begriffe sind mittlerweile Teil unseres alltäglichen Vokabulars geworden, doch es gibt immer noch Unsicherheiten und Missverständnisse im Umgang mit diesen Wörtern. Wie spricht man beispielsweise korrekt über Behinderungen? Ist es in Ordnung, das Wort „Behinderte“ zu verwenden, oder sollte man besser von „Menschen mit Behinderungen“ sprechen? Solche Fragen beantwortet das Buch, indem es den Betroffenen selbst eine Stimme gibt und aufzeigt, wie Sprache auf Empathie und Respekt beruhen kann.
Neben der Auseinandersetzung mit klassischen Diversitätsthemen wie Rassismus, Sexismus und Ableismus behandelt das Werk auch Begriffe, die durch neue gesellschaftliche Bewegungen entstanden sind, wie „Wokeness“ oder „Misogynie“. Gerade der Begriff „Woke“, der ursprünglich als Hinweis auf soziale Ungerechtigkeit und Rassismus verstanden wurde, wird heutzutage oft falsch interpretiert, insbesondere von rechten Kreisen, die ihn als Symbol für linke Ideologien missbrauchen. Hier leistet das Buch wichtige Aufklärungsarbeit und sorgt für ein differenziertes Verständnis.
Trotz der umfassenden Bandbreite an Themen gibt es auch einige Lücken in dem Werk, die Kritiker*innen bereits aufgefallen sind. So fehlen beispielsweise Begriffe wie „lesbisch“, obwohl es eigene Beiträge zu „schwul“ und „bisexuell“ gibt. Diese Lücken könnten in zukünftigen Auflagen gefüllt werden, doch trotz dieser Kritikpunkte stellt „Vielfalt: Das andere Wörterbuch“ einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer bewussteren und inklusiveren Sprachpraxis dar. Das Buch zeigt auf, wie Sprache unsere Wahrnehmung der Welt beeinflusst und warum es wichtig ist, sie bewusst zu nutzen, um niemanden zu diskriminieren und alle einzubeziehen.
In einer Zeit, in der Minderheiten lautstärker für ihre Rechte einstehen und gleichzeitig viele Menschen das Gefühl haben, „nichts mehr sagen zu dürfen“, bietet dieses Buch Orientierung und zeigt, dass es weniger darum geht, Sprache zu verbieten, sondern darum, eine Sprache zu fördern, die alle Menschen respektiert. Mit „Vielfalt: Das andere Wörterbuch“ hat der Dudenverlag ein Werkzeug geschaffen, das die Macht der Sprache nutzt, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr Gerechtigkeit und Inklusion zu unterstützen.